Schlaf und Bewegung in der Pflege Demenzkranker - Teil 2 „Schlaf“
Sieben von zehn Demenzkranken leiden unter Schlafstörungen. Durch den daraus resultierenden nächtlichen Schlafentzug ist dies für die betreuende Person im häuslichen Bereich ein ganz besonderes Problem. Klare Tagesstrukturen und Ablenkung sind durch allgemeine Erschöpfung nicht mehr zu gewährleisten.
Dem Dementen steht es somit frei Schläfchen zu machen, wann es ihm beliebt. Daraus ergibt sich eine weitere Verschiebung und Zerstückelung des Schlafes. Die Situation wird für die Betreuungsperson zunehmend schlimmer.
Die daraus erwachsenden Tages- und Nachtabläufe sind im häuslichen Bereich häufig nicht zu bewältigen und haben dann eine Aufnahme in einer Pflegeeinrichtung zur Folge. Spätestens jedoch, wenn pflegende Angehörige durch den Schlafentzug an ihre körperlichen und gesundheitlichen Grenzen gestoßen sind.
Unter dem Schlafmangel leiden die pflegenden Angehörigen ebenso wie die Erkrankten.
Ihre körperliche und geistige Leistungsfähigkeit nimmt ab und das Immunsystem wird gestört. Zu der Tagesmüdigkeit stellt sich Gereiztheit ein. Es kommt zu Störungen des gesamten, im Schlaf erfolgenden Erholungs- und Regenerationsprozesses. Alle Beteiligten leiden.
Was passiert im Schlaf?
Gut ein Drittel unseres Lebens verbringen wir im Schlaf und sind dabei sehr aktiv.
Es besteht ein ständiger Wechsel zwischen leichtem Schlaf, Tiefschlaf und Traumschlaf. Im Traumschlaf arbeitet unser Gehirn auf Hochtouren. Im Stadium des leichten Schlafes bewegen wir uns, drehen uns und verändern unsere Position im Bett.
Dies hat durchaus einen tieferen Sinn.
- Der Körper reguliert dadurch seinen Wärmehaushalt:
Ist es zu warm schauen Arme und Beine unter der Decke hervor.
Ist es zu kalt kommen Arme und Beine zurück unter die Decke. - Die wechselnden Körperpositionen führen zu regelmäßigen Druckentlastungen der einzelnen Körperpartien und sind somit eine hervorragende Vorbeugung für Dekubitus.
- Durch das wechselweise Anspannen und Entspannen der Muskulatur wird diese regelmäßig gedehnt und entspannt. Dadurch wird schmerzhaften Muskelverspannungen vorgebeugt.
- Die aus den Bewegungen der Muskeln, Bänder und Gelenke und der Berührungen der Körperoberfläche durch die regelmäßigen Lageveränderungen kommenden Rückmeldungen an das Gehirn sorgen für ein sicheres Spüren des Körpers.
Der Schlaf wird auf diese Weise erholsam und wir können den Tag ausgeruht beginnen.
Der gesunde Schlaf dauert durchschnittlich sieben Stunden. Dies ist keine feste Zeitvorgabe, vielmehr ist es so, dass die Dauer individuell variiert. Wer sich ausgeschlafen und leistungsfähig fühlt, hat im Allgemeinen auch ausreichend geschlafen.
Eine innere Uhr gibt unseren biologischen Rhythmus vor, durch den wir am Tag aktiv und leistungsfähig sind und nachts unser Leistungstief erreichen und schlafen. Diese innere Uhr setzt Signale für Tag und Nacht. Auch nach einem erzwungenen Verschieben der Einschlafzeit kommt es durch die innere Uhr oft zu einem Erwachen in den Morgenstunden. Der Erholungswert des Tagschlafes kommt dem des Nachschlafes nicht gleich.
Wie wirkt sich ein erholsamer Schlaf aus?
Der Schlaf dient der Erholung und Regeneration des Körpers und des Geistes. In den unterschiedlichen Schlafphasen finden unterschiedliche Prozesse statt.
Verbrauchte Energie wird ersetzt, der Stoffwechsel angeregt, Schlackenstoffe abgebaut. Kinder wachsen in der Nacht, bei Erwachsenen werden Körperzellen vermehrt, abgestorbene ersetzt und Muskeln werden aufgebaut. Das Immunsystem arbeitet im Schlaf und schützt den Körper vor Infektionen. Im Schlaf wird Erlerntes abgespeichert.
Verändert sich der Schlaf im Alter?
Im Alter verändert sich der Schlaf-Wach-Rhythmus. Er verschiebt sich nach vorne. Die Folge ist, der ältere Mensch wird früher wach und ist abends zeitiger müde. Die nächtliche Schlafdauer des älteren Menschen wird kürzer, da sie im Vergleich zu der von jüngeren, durch häufigeres und längeres nächtliches Wachsein unterbrochen wird. Durch das Einlegen eines Mittagsschlafes kommt der ältere Mensch trotzdem oft auf eine ebenso lange Gesamtschlafdauer wie ein jüngerer.
Wie verändert sich das Schlafverhalten bei Demenz?
Der ältere Mensch mit einer Demenz benötigt, Studien zufolge, im Vergleich zu nicht dementiell erkrankten älteren Menschen länger, um einzuschlafen.
Er wacht nachts häufiger auf und bleibt dann länger wach. In diesen Wachphasen ist er häufig sehr aktiv. Angehörige beschreiben dies manchmal als unruhiges „Hinundherwerfen“ oder „Wühlen“ im Bett.
Das Suchen nach Berührungs- und Bewegungsrückmeldungen zum Spüren ihres Körpers ist ein Grund dafür. Es gibt Orientierung und Sicherheit, nimmt Angst und hilft so beim Wiedereinschlafen. Finden sie nicht die Wahrnehmung die sie suchen, so kann es zu nächtlichem Herumlaufen – sofern der Betroffene dies noch kann – oder Schlaflosigkeit kommen. Oft wird eine Umkehr des Tag- Nacht-Rhythmus beschrieben.
Als Folge des nächtlichen Schlafmangels, wird während des Tages das eine oder andere Schläfchen eingelegt, woraus wiederum fehlende Müdigkeit am Abend resultiert. Der Schlaf wird zerstückelt.
Was tun, wenn das nächtliche Durchschlafen gestört ist?
Eine Strukturierung des Tagesablaufes und seiner Aktivitäten ist hilfreich. Angepasste Beschäftigungen vermeiden das Aufkommen von Langeweile und Passivität.
Mittagsschlaf ist für die meisten älteren Menschen normal und dient der Entspannung. Darüber hinausgehend sollte der Tagesschlaf möglichst vermieden werden, weil er das Schlafbedürfnis in der Nacht mindert. Aufregende Aktivitäten sollten auf den Vormittag oder den frühen Nachmittag gelegt werden, damit der Tag zum Abend hin ruhig ausklingen kann.
Optimale Schlafbedingungen können helfen!
Wie oben beschrieben, benötigt der dementiell Erkrankte im Vergleich zum gesunden älteren Menschen mehr Zeit, um in den Schlaf zu kommen. Nach ca. zehn Minuten Liegen geht das Gefühl für den eigenen Körper verloren. Diese fehlende Orientierung und Sicherheit wirkt beunruhigend auf den Betroffenen und kann zu Angst führen. Der Liegende benötigt die Wahrnehmung aus Bewegung und Berührungen, um seinen Körper zu spüren.
Das Wahrnehmen des eigenen Körpers gibt Sicherheit. Beim dementiell Erkrankten ist diese Wahrnehmung vielfach gestört. Ebenso wie er als gesunder Mensch die nächtlichen Bewegungen für den Erhalt des Körpergefühls nutzte, versucht er jetzt durch sein intensives Bewegen Informationen, Rückmeldungen zu erhalten, die ihm ein Gefühl für den eigenen Körper geben.
Auf zu weichen Matratzen kann das Körpergefühl verloren gehen. Auch fällt es dem geschwächten Menschen häufig schwer, sich problemlos auf ihnen zu drehen. Er „verliert“ sich förmlich in ihnen, versucht vergeblich durch seine intensiven Bewegungen die notwendigen Informationen über seinen Körper zu erhalten und kommt nur schwer oder gar nicht wieder in den Schlaf.
Hier können Bewegungs- und Wahrnehmungskonzepte wie basale Stimulation, Kinästhetik, Aktivitas, das Bobath Konzept und MiS Micro-Stimulation® helfen.
MiS Micro-Stimulation® bedeutet, durch kleine Bewegungen und Berührungen die Wiederherstellung des Körpergefühls zu unterstützen.
Ziel dieser Wahrnehmungsförderung ist der Anreiz von Bewegung. Dies ermöglicht den Erhalt der Bewegungsfähigkeit und unterstützt so die selbstständigen Positionswechsel des Patienten.