Dekubitustherapie
Ein Dekubitus sollte nach folgendem Behandlungsablauf therapiert werden:
Abb.13: Behandlungsablauf Dekubitustherapie
Erstbeurteilung / Wundanamnese
Bei der Erstbeurteilung eines Patienten muss der Dekubitus exakt beschrieben werden. Anhand dieser Wundbeschreibung kann dann eine adäquate Lokaltherapie erarbeitet werden. Zur genauen Beschreibung der Wunde gehören viele Faktoren wie beispielsweise:
- Lokalisation (Fotodokumentation)
- Stadium des Druckgeschwürs
- Größe des Druckgeschwürs (Länge, Breite, Tiefe)
- Taschenbildungen
- Beschreibung der Wundheilungsphase (Reinigungsphase, Granulationsphase, Epithelisierungsphase)
- Beschreibung der Wundränder und Wundumgebung
Neben der Wunddokumentation muss eine Erfassung des gesamten Patientenstatus erfolgen. Auch die hier gewonnenen Erkenntnisse helfen eine erfolgversprechende Therapieform auszuarbeiten. Zur Evaluierung des Patientenstatus zählen:
- Grunderkrankung des Patienten
- Dekubitusrisikoerhebung
- Ernährungsstatus
- Medikamente
- Störfaktoren der Wundheilung
- Schmerzerhebung
Wichtige Störfaktoren
- schlechte bis fehlende Hautdurchblutung
- abgestorbenes Gewebe
- bestehende Wundinfektion
- ein reduzierter Allgemeinzustand
- falsche lokale Wundbehandlung
- unzureichende Ernährung
Behandlung
Die Behandlung eines Druckgeschwürs gliedert sich in zwei Teile. Einerseits in die Lokaltherapie und andererseits in die Kausaltherapie. Beide Behandlungszweige sind gleichermaßen bedeutend. Häufig wird der Fokus immer noch alleinig auf die Lokaltherapie gelegt. Das Resultat: Die Wundheilung verzögert sich oder stagniert. Langfristige zeitliche Verzögerungen führen zur Frustration auf Seiten des Patienten und aller beteiligten Therapeuten.
Kausaltherapie
Zur Kausaltherapie zählen im wesentlichen vier Faktoren:
- vollständige Druckentlastung
- Ernährungsverbesserung
- Schmerztherapie
- Verbesserung des Allgemeinzustandes
zu 1: Vollständige Druckentlastung
Das absolut wichtigste Vorgehen bei der Dekubitustherapie ist die Wiederherstellung der Durchblutung des entsprechenden Hautareals. Dies wird durch die komplette Druckentlastung des betroffenen Gebietes erreicht. Die Druckentlastung führt zu einem sofortigen Aufbau der Mikrozirkulation und damit zur Versorgung der Wunde mit Sauerstoff, sowie mit anderen biologisch wichtigen Stoffen, die für den Wundheilungsprozess dringend erforderlich sind.
Die gleichmäßige Druckverteilung wird durch verschiedene Lagerungstechniken und –arten erzielt. Hierzu wird eine ganze Reihe von Lagerungssystemen und -hilfen, wie z.B. spezielle Kissen und Keile, angeboten.
Durch den Einsatz dieser Hilfen muss eine möglichst großflächige Druckverteilung sichergestellt sein. Das Freilagern von Körperregionen ist nur dann sinnvoll, wenn dadurch andere Körperstellen nicht zusätzlichem Druck ausgesetzt werden.
zu 2: Ernährungssituation verbessern
Patienten mit Dekubitalgeschwüren benötigen eine spezielle Ernährung. Der Umstand, dass Energie- und Proteinbedarf beträchtlich ansteigen, erfordert Seitens des Ernährungsmanagements eine besondere Vorgehensweise. Dieses gilt insbesondere für die Aufnahme von Vitaminen und Mineralstoffen.
Energiebedarf pro Tag
- Der Grundenergiebedarf liegt bei ca. 25 kcal pro Kilogramm Körpergewicht
- Bei einem Dekubituspatienten steigt der Energiebedarf auf 35-40 kcal pro Kilogramm Körpergewicht
Proteinbedarf pro Tag
- Der Grundbedarf entspricht 0,8g Proteine pro Kilogramm Körpergewicht
- Bei einem Dekubituspatienten steigt der Proteinbedarf auf 1,2 – 1,5 g (bis 2 g) pro Kilogramm Körpergewicht
Vitamine und Mineralstoffe pro Tag 3
- Vitamin C, K, A
C –> unterstützt den Aufbau von Bindegewebe
K –> fördert die Blutgerinnung
A –> beeinflusst die Membranbildung - Mineralstoffe Natrium, Zink, Selen, Kupfer
Notwendig für enzymatische Reaktionen, die die Wundheilung fördern
Häufig kann über die Normalkost eine ausreichende Versorgung des Organismus mit Energie- und Nährstoffen nicht gewährleistet werden. Hier können Spezialnahrungen als Nahrungsergänzung unterstützen.
zu 3. Schmerztherapie
Viele Jahrzehnte ging man von Seiten der Therapeuten davon aus, dass Druckgeschwüre bzw. alle chronischen Wunden keinerlei Schmerzen verursachen. Doch diese Annahme ist grundsätzlich falsch. Bei einer chronischen Wunde handelt es sich um ein sehr empfindliches, meist entzündetes Hautareal. Infolgedessen verursachen Druckgeschwüre Schmerzen, die therapiert werden müssen. Dabei darf die Frage nach sonstigen Schmerzen, die beispielsweise aufgrund der Grunderkrankung existieren, nicht außer acht gelassen werden.
Es muss also eine genaue Schmerzerfassung vorgenommen werden, um eine entsprechende begleitende Schmerztherapie durchführen zu können.
Neben der Schmerzerhebung kann auch ein sog. Schmerztagebuch zur Therapiefindung dienen. Diese Unterlage kann über den Hausarzt oder die Apotheke bezogen werden.
Auch wenn die Schmerzthematik im Zusammenhang mit Druckgeschwüren negiert wurde, so ist sie doch ein wichtiger Bestandteil der Dekubitustherapie. Einerseits verbessert sie den Allgemeinzustand des Patienten und dient darüber hinaus der Bewegungsförderung.
zu 4. Verbesserung des Allgemeinzustandes
Eine solche Verbesserung kann nicht von heute auf morgen realisiert werden – es handelt sich also um ein mittelfristiges Ziel. Um es zu erreichen, sollten nach Möglichkeit folgende Maßnahmen getroffen werden:
- Der Patient muss mindestens eine Menge von 1,5 Litern Flüssigkeit am Tag zu sich nehmen.
- Es muss für eine ausgewogene Ernährung gesorgt werden, die eiweiß- und vitaminreich ist und damit die Wundheilung unterstützt wird.
- Durch eine aktive und passive Mobilisation wird der Patient in die Lage versetzt, sich selbständig zu bewegen und damit Lagewechsel ausführen zu können. Zudem wird die Aktivität aller Organsysteme gefördert. Die Mobilisierung des Betroffenen hat positive Auswirkungen auf die Psyche.
- Insgesamt muss auf das psycho-soziale Wohlbefinden des Patienten geachtet werden. Oftmals leiden Patienten mit chronischen Wunden unter Depressionen, die behandelt werden müssen.